Vom Schulneubau in Sundhausen

1907 begann man mit den Vorbereitungen zum Bau eines neuen Schulhauses in der heutigen Schulstraße, früher die Märtinsgasse genannt. Die Kirchengemeinde trat dazu einen Teil des Kantoratsackers für 2750 Mark an die politische Gemeinde ab. Damit man aber wirklich zum Schulbau kam, mußte das Dorf erst am 4.2.1909 von einer Hochflut der Helme heimgesucht werden, wie sich ihrer auch die ältesten Leute nicht zu erinnern wußten.

Zu Kaisers Geburtstag, am 27.1.1909 hatte nach vielem Schneefall noch einmal heftiges Schneegestöber alles in ein dichtes Winterkleid gehüllt. Da trat am 4.2.1909 Wettersturz mit Regen ein. Die Einwohner wurden in der Nacht um 4 Uhr durch Sturmläuten geweckt und sahen bald, daß durch die Dorfstraßen brausende Wasser fluteten und Keller, Ställe und Wohnräume schnell mit Wasser füllten. Es stieg allein in der Stunde von 5 bis 6 Uhr um einen Meter. Aus vielen Ställen konnte das Vieh nur mit Mühe gerettet werden, doch kamen auch viele Tiere um, so in der Schäferei 21 Schafe. In der Mühle mußten 7 Schweine schnell abgestochen werden. Selbst Gänse ersoffen, weil der Stall bis zur Decke voll Wasser stand. Die Hausbewohner brachten sich und das Kleinvieh auf dem Hausboden in Sicherheit, weil in den Stuben Tische und Stühle schwammen. Ein Maschinist mußte 8 Stunden auf seiner vom Wasser umfluteten Maschine zubringen. Unheimlich war das Getön der Glocken, das Brausen der Fluten und das Blöken und Brüllen der Tiere, die bis zum Bauch im Wasser standen. Aber so schnell das Wasser gekommen war, so schnell verlief sich der große See wieder, der von Bielen und Sundhausen bis Uthleben reichte. Noch lange hatten die Sundhäuser zu tun, um allen Schlamm aus den Gebäuden, Höfen und Straßen zu entfernen und alle Zerstörungen auszubessern. Sundhausen im Wasser 4. 2. 1909 – Diese Hochflut hatte der alten Kantoratsschule dicht neben der Kirche den Rest gegeben. Von allen Seiten, d.h. sowohl seitens der Gemeinde als auch der Staats- und Kirchenbehörden wurde zugegeben, daß das aus Lehmsteinen erbaute Schulhaus so baufällig und die Einsturzgefahr so groß wäre, daß das Haus sofort zu räumen sei. Von nun an wurde lange Zeit in der Schenke Unterricht gehalten, und Kantor Bischof und Familie mußten sich mit einer Mietswohnung in der Sondershäuser Straße abfinden.

Alte Schule am Kirchplatz Die alte Schule neben der Kirche wurde 1909 abgerissen. Den Abbruch des Hauses bewerkstelligte Meister Reinhardt für 40 Mark, den des Stalles Meister Franke für 32 Mark und den der Scheune Nachbar Wilhelm Kersten für 20 Mark.

Sundhausens „neue“ alte Schule bekam die alte Hausnummer 66, es war die Schule „an der Helme“. Heute ist es „Kirchplatz Nr. 1.“ Es war die neue Schule von 1884 bis 1909, also 25 Jahre lang, dann aber noch bis 1939 auch wieder die „alte Schule“. Heute, seit dem zweiten Weltkriege ist es das Bürgermeister- und Gemeindewirtschaftsamt.

Am 29.4.1884 hatte der Gemeindevorstand durch eine Anzeige im „Nordhäuser Kurier“ einen Termin zur Vergebung von Schulneubauarbeiten angesetzt. Das Konsistorium in Stolberg war ungehalten, daß es nicht vorher um Genehmigung gefragt worden war, und zeigte sich auch darüber unzufrieden, daß für Schulklasse und Lehrerwohnung nur ein gemeinsamer Eingang erstellt worden war. Zu Michaelis, also im Oktober 1885 wurde das Haus bezogen und der Unterricht eröffnet. So konnte in Sundhausen ein zweiter Lehrer angestellt werden. Es war der Schulamtskandidat Heinrich Dreyling und von 1888 an Lehrer Hermann Kratz, wie der erste Lehrer von Eltern und Kindern ebenfalls „Kantor“ genannt. Kantor Voigt hatte schon im Februar 1888 beantragt, diese neue Schule beziehen zu dürfen, man schlug es ihm aber ab.

Auch seine Nachfolger Kleeberg von 1890 bis 1900 und Bischof mußten weiterhin in der alten Schule neben der Kirche wohnen bleiben. Lehrer Kratz wohnte in der neuen Schule an der Helme bis 1929, wo er in den Ruhestand trat und in sein eigenes Haus zog, das er sich hatte erbauen lassen. Es ist heute das Haus Neue Straße Nr.1. Sein Nachfolger im Haus Kirchplatz Nr.1 war Lehrer Ernst Hänsgen bis 1945. Das aus Lehm und Schlacke gebaute Haus hat dauernd feuchte Außenwände und ist dadurch für die Gesundheit seiner Bewohner schädlich. Der Unterricht wurde darum in dieser nunmehr als mit „alt“ bezeichneten Schule 1939 stillgelegt und in den 1939 angebauten vierten Klassenraum der neuen Schule in der Schulstraße verlegt. Seit 1962 wohnt auch keine Lehrerfamilie mehr darin.