Im Jahre 1933 gelangte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) unter ihrem Führer Adolf Hitler an die Macht.
Damit begann im wachsenden Maße eine harte Zeit für die Kirche, zumindest für jene Pfarrer, welche die Staatskirchenpolitik der sogenannten "Deutschen Christen" kompromißlos ablehnten.
Die "Deutschen Christen" waren eine 1932 gegründete Gliederung der NSDAP. Es war eine Glaubensbewegung, - eine Vermischung von nationalsozialistischem Parteiprogramm und einem das Alte Testament verleugnenden, konfessionell verschwommenen "Tatchristentum" - die als kirchliche Partei die evangelischen Landeskirchen eroberte. Diese "Eroberung" war voraussehbar, weil die dazu erforderlichen Kirchenwahlen von Hitler und seinen Ideologen 1933 anberaumt waren und mit staatlichen Druck gesteuert wurden.
Nach diesem "Wahlerfolg" wurden die Landeskirchen unter Zwang zur "Deutschen Evangelischen Kirche" zusammengeschlossen und diese trieb zur Gründung einer "Deutschen Nationalkirche", an deren Spitze der "Reichsbischof" (Reibi genannt) Ludwig Müller stand.
Gegen eine solche nationalistische, rassistische und somit absolut unchristliche Strömung und zum Schutze der reformierten Bekenntnisse entstand die Widerstandsbewegung der "Bekennenden Kirche" (BK).
Diese Bewegung ging hervor aus dem von Pastor Martin Niemöller 1933 gegründeten "Pfarrernotbund".
Ich schloß mich, wie viele meiner Amtsbrüder, dieser Bewegung der "Bekennenden Kirche" an und war den sich ständig steigenden Beschimpfungen, Verdächtigungen und Verfolgungen durch die Partei der NSDAP (Nazis) ausgesetzt.
Mein Schwiegersohn Kurt Brügge kam nach Sangerhausen ins Gefängnis, die Gottesdienste wurden bespitzelt, die politische Polizei legte Listen der BK-Anhänger an.
1937 wurde Martin Niemöller verhaftet und saß ab 1938 - trotz gerichtlichen Freispruches - in KZ-Haft.
Obwohl die "Deutsche Nationalkirche" unumschränkt in Sachsen und Thüringen herrschte, legte mein Sohn Martin sein II. theologisches Examen vor der Prüfungskommission der "Bekennenden Kirche" in Halle an der Saale ab. Das geschah am 3. November 1937.
Am 3. Advent 1937 wurde er in Bad Kösen, in der Trauungskirche seiner Eltern, ordiniert.
Der Hausvater hat im Frühjahr 1939 besonders viel Gartenarbeit zu bewältigen; denn Scheune und Stall wurden endlich abgerissen, und an der freien Stelle muß Gartenland geschaffen werden. Bald prangen der schönste Blumenkohl und herrliche Blüten auf dem Wandlehmboden der Scheune, und auf der Stelle des Stalles blühen Blumen. Nur der Hühnerstall blieb stehen für die Unterbringung der Kohlen.
Von früh bis spät wurde Opa zum Bauen engagiert. So wurde denn im Garten gebaut, vor allem aber ein Raum zum Sitzen dicht am Hause. Wenn Opa etwas nicht ganz waagrecht zimmerte, meinte Peter, "das sieht ulkig aus." Er gab sein Urteil ab, hielt die Bretter, holte Nägel und prägte selbst das Wort: "Ich bin der kleine Baumeister und Du der große!"
Endlich war die kleine Veranda fertig, nur der Anstrich fehlte noch.
Wir gingen in die Stadt, erst in verschiedene Läden, immer energischer wurde der kleine Baumeister: "Opa, die Farbe!" Dann haben wir alles grün bepinselt, und der Fußboden erhielt braunen Anstrich.
Es kamen ruhige, freudige Zeiten. Endlich genossen wir das Alleinsein auf dem Hofe: Kein Scheunenpächter und Kohlenhändler störte unsere Ruhe.
Was der Erzähler Ernst Zahn an den Anfang seines im Jahre 1907 erschienenen Romanes "Lukas Hochstrassers Haus" setzte, ist nun längst in unserem Hause zur Wahrheit geworden:
"Kinder, meine Blicke ruhten sinnend heut auf euren Häuptern, auf den blonden, auf den braunen. Noch umleuchtet sie der frühen Jugend morgenfroher Schimmer, noch ist Spiel euch ein Tagewerk, und mein Weg ist noch der eure. Doch der Mittag wird sich glühend senken einst auf eure Stirnen. Euer Werk wird heißen Mühe. Und von meinem Wege werden zweigen sich fünf Sonderwege. Mit der Hand die Augen schattend steh' ich dann, und meine Blicke folgen fernhin euch lange, die ihr jedes seine eignen Straßen wandert in das Leben."
Die fünf Kinder der Hauseltern sind längst ins Leben hinaus gewandert: der eine in den Thüringer Wald als Revierförster, der andere als Pfarrer (Hilfsprediger) nach Nordhausen - nun schon vier Jahre lang im Felde -, der dritte Sohn als Studienreferendar in Potsdam, die Jüngste hat ihre Buchhandlung in Sangerhausen wegen tragischer Umstände verlassen müssen - ihr Chef Alban Heß war von den Nazis eingesperrt worden, und Susanne drohte eine Zwangseinweisung in die Rüstungsindustrie - und konnte in Krakau weiterhin als Buchhändlerin tätig sein.
Aber die älteste Tochter?
Kaum will es mir gelingen, dies dem Papiere anzuvertrauen, das Weh, das im Herzen immer wieder neu bohrt.
Es war dem Hausvater immer eine besondere Freude, sie als Pfarrfrau von Wallhausen in der Pfarre schalten und walten zu sehen.
Und nun?
So oft der Weg nach Wallhausen führt, wo ihr Kind Peter, gut betreut, noch weilt, so oft führt er an dem Grabe vorbei. In der Sommerfrische entstanden später die Verse:
Es rauschen die Bäume im Walde
die alte Melodie.
Warum küßt der Tod so balde
eine Menschenblüte so früh?
Wir bitten um Jesu Erbarmen
- die Wunde heilest nur Du -
Du hältst sie in deinen Armen.
Dort endlich fand sie Ruh !
Charlotte starb in Halle in dem Sanatorium Weidenplan am 4. Mai 1942 nach vier Operationen (Hirn-Tumor) und wurde am 8. Mai in Wallhausen unter großer Beteiligung beigesetzt. Wir konnten wie Luther von seiner Magdalene sagen: "Ich habe eine Heilige gen Himmel geschickt."