Sundhäuser Mundart

Über die Sundhäuser Mundart wurde der Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle, die an der Bearbeitung eines Atlasses für deutsche Volkskunde beteiligt ist, durch die Schule folgendes berichtet:

Es heißt auf „Sundhäusisch“:

Schmatterling, Wasserjumfer, Kulquakn, Blingnschlieche, Eidachsn, Homeisl (= Ameise), Kanker (= Spinne), Kankerjespinze, Micke, Behne (= Biene), Härnsken (= Hornisse), Ackemännichn (= Bachstelze), Rapphuhn, Schtork, Gahneist (= Gänserich), Antn (= Ente), Häjer (= Häher), Schteeßert (= Stößer = Habicht), Madder (= Marder), Wessel (= Wiesel), Ratz (= Ratte), Köter (= Hund), Münze (= Katze), Kazert (= Kater), Suerkrut, Kohlrunken (= Kohlrüben), Lackschteckchen (= Goldlack), Heckenschlän (= Heckenschlehe), Hahnebuttn, Winge (= Winde), Zippel (= Zwiebel), Kläbejahn (= klebriges Labkraut), Gänseblimechen, Zitrenichen (= Flieder), Quetschenhozeln (= Pflaumen), Riedfaß oder Wetzetille (= Wetzsteinfäßchen), die Säßn (= Sense), Dreschfleiel (= Dreschflegel), Hawwerziek (= Mähzeug), Biegefaß (Brühfaß), Wäsche littern (spülen), Bimfalm (Bindfaden), Huckel (Hügel), Rebbeschen (Milchnapf), Rieje (Reihe), Geherne (Gehirn, Hörner), Kräbist oder Kräbst (Apfelkerngehäuse), die Kinder spielen Krein (= Kriegen), Tappen und Hippen (Hüpfen), sie haben Kullerschösse (= Kugelgeschosse = Kugeln), sie schurren uff dr Schurrbahne, sie asse / ässn (essen) Bombongse (Bonbons) un drinken Schusterpunsch oder Trutsch oder Bliemechen (dünnen Kaffee).

Auf dem Fragebogen der Landesstelle für Thüringische Mundartenforschung in Jena, Schlossgasse 11, wurde über unser Sundhausen vom Schulleiter berichtet:

Den Feuersalamander kennt man hier kaum. Eine Eidechse nennt man mulchert. Die Egge heißt äjen. Überdachte, halboffene Gänge an Wohnhäusern vor dem oberen Stockwerk gibt es hier nicht. Die Aschkuchenform wird Lochkuchenform genannt. Die Rosengalle, d.i. der moosartige Auswuchs, der auf dem wilden Rosenstrauche durch einen Gallenwespenstich hervorgerufen wird, nennen die Kinder den Zunder; seine Bedeutung oder Verwendung ist glücklicherweise unbekannt. Die Eule heißt ile, die Klette de klettn, die Hündin pätze, der Rüde, d.i. der männliche Hund redde. Ofenstangen, die neben oder über dem Ofen von der Stubendecke aus in Ösen befestigt sind und besonders zum Trocknen nasser Kleidungsstücke benutzt werden, kennt man hier nicht, man zieht einen Strick durch den Wohnraum nennt ihn die siemen oder die Leine. Das Gerät zum Zusammenkratzen der Teigreste beim Backen ist heute meist ein Zelluloidschaber, weil man den Teig in Emailleschüsseln anrührt. Früher hatte man für die Holzbacktröge einen eisernen Kratzer, ähnlich dem Eisen, das der Schornsteinfeger auf der Schulter trägt, es hieß de trogschärre = Trogscharre. Das Freimal beim Haschespiel nennen die Kinder kurz `s mohl.

Heidel- oder auch Preiselbeeren findet man hier nicht auf heimatlicher Flur, aber doch kennt man zu ihrer Reifezeit kleine Verse:

  1. Heidelbeern äß ich gern;
    wenn se man erst riefe wärn.

  2. Blaue Beern lieb ich sehr,
    Heidelbeern git´s nich mehr.

Der Sauerteig zum Brotbacken hieß einst suerdeik, die Hefe heben; heute bäckt keine Hausfrau mehr Brot, auch nicht Weißbrot. Die Trennungswand zwischen der Scheunentenne und den Seitenräumen der Scheune heißt Schutzwand; sie besteht aus Lehmfachwerk oder Stein. Die Hundeschnauze ist de schnußen. Hat man sich einen Splitter in die Hand gestoßen, so ist das eine schlitter, aber für die Zimmerleute ist es ein balken. Die Schiebekarre mit einem Kasten ist ein schott- oder schuttkarrn, die mit Sprossen heißt schubekarrn. Die langen Grannen der Gerstenähre sind die oachen. Der Abort wird gewöhnlich das schießchen genannt; Ersatzausdrücke sind trittchen, abe, kloster, beenstock, tante Meier, neuestens das klo. Die Spinne mit besonders langen Beinen ist der kanker oder der fule schafer. Die Ausgußnase am Topf heißt schneppen, die Ausgußröhre einer Kanne de tilden und die Brause der Gießkanne brusen. Der Friedhof heißt noch der kerchhoff; man spricht: uffm kerchhowe; in scherzhafter, wenig ehrfürchtiger Weise sagt man: „Worte mant, wenn de erscht hinterm zune leist !“

Die kleinen Spielkugeln der Kinder heißen kullerschoß, kullerschesse, kullerscheser. das Kaninchen ist das Karnickel, das weibliche Tier heißt zicken. Der Musikantenknochen, d.h. die empfindliche Stelle am Ellenbogen, ist das mies-chen oder die Maus. Das erste Obergeschoß in der Scheune ist der mittelbansen. Die Stricknadel heißt schtrecknoddel; ein schtreckelsnodeln ist ein ganzes Spiel. Das Endstück des Brotes ist das kniestchen. Die kleine Menge einer Ware, die eine hohle Hand faßt, ist en hängechen vull; beide Hände voll ist enne geisten vull. Will man sagen „je mehr, je besser“, so sagt man: „je meh, je libber“. Einen hochgelegenen Hühnerstall nennt man hinnerdeise.

Sundhausen selbst heißt sun-tusen. Proben zusammenhängender Sundhäuser Mundart sind folgende Sätze: Ehrgestern is bi uch en Kind in Born gefalln. Dinne Schwäster hiel sich de Hänge vehr de Auen. Wär warn da ? heh oder die-e ? Hillef mech doch minne brille suchn, du bruchst dich nech vehr se ze ferchte ! In unsen Bernbom hät der Blitz ingeschlagn, das es unfähr vehr sächs Johrn gewäsn, nech wohr ? Näh, das wor är. Breng den Kartuffelbrä uffn Disch ! Der langet fehr uns un och fehr uch noch met. Vermienswäjn (oder auch: varmindwajn = für meinetwegen), gibbn en hallebes Litter Mellich ! Dee hibschn Katzchens ! Mie han unse jungen Katze alle versauft. Wenn där niest, das hehrt man in janzen Dorfe.-

Die Mundartenforscher an der Universität in Jena sammeln solchen Mundartensprachschatz von allen Orten in und um Thüringen, um daraus ein Thüringisches Wörterbuch zusammenzustellen.