Eine Veröffentlichung der Nordhäuser Zeitung vom 22.11.1958 entnehme ich folgendes:
Beim Ausbaggern einer neuen Kiesgrube an der von Sondershausen und Sundhausen nach Nordhausen führenden Straße stieß man kürzlich auf eine Steinpackung mit menschlichen Skelettresten. Durch den Zimmererpolier Karl König aus Sundhausen wurde dies der zuständigen Forschungsstelle, dem Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar, gemeldet. Seit über einer Woche ist nunmehr ein Ausgrabungskollektiv damit beschäftigt, die Fundstelle freizulegen.
Es handelt sich dabei um ein Kollektivgrab der jungsteinzeitlichen Walternienburger Kultur, etwa 2000 bis 1800 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Ihr Zentrum liegt im Saalemündungsgebiet und im nördlichen Harzvorland. Aus Thüringen sind nur wenige dieser Gräber bekannt. Vor allem wurde viel zerstört, ohne daß es nach modernen Methoden untersucht werden konnte. Auch bei dem jetzigen Fund ist bereits ein Teil der Grabanlage durch den eingesetzten Bagger vernichtet worden. Trotzdem ist eine Rekonstruktion weitgehend möglich. Sie ergibt:
Zunächst hatten die jungsteinzeitlichen Menschen eine 5 mal 7 m große und etwa 50 cm tiefe rechteckige Grube ausgehoben. Den Boden belegten sie sorgfältig mit Steinplatten, die sie aus größerer Entfernung herbeiholten. Auf dem Rand des Plattenlagers errichteten sie eine niedrige Mauer. Diese diente ihnen zur Auflage einer das Grab abdeckenden Holzkonstruktion. Auf dies schichteten sie zunächst größere Steine und wölbten dann über das Ganze einen flachen Hügel. Heute sind die Holzeinbauten natürlich längst vergangen, die Kammer eingestürzt und der Hügel restlos durch den Pflug eingeebnet worden.
Auf dem Plattenlager der Gruft fanden sich mehr als 30 menschliche Skelette. Im Laufe der Zeit mußte die Gruft oft geöffnet werden, um weitere Bestattungen aufzunehmen. Dabei kam es zu einer Überschiebung der Skelette. Köpfe und Füße liegen in völliger Unordnung durcheinander. Nur bei wenigen Extremitäten ist noch ein anatomischer Zusammenhang erkennbar.
Außer derartigen großen Mauerkammergräbern, in denen vielleicht die Angehörigen einer Sippe bestattet sind, kommen in der Walternienburger Kultur noch Steinpackungsgräber, Steinkisten- und einfache Erdgräber vor. Die Verschiedenheit der Grabbauten wird durch die damaligen religiösen Ideen und die sozialen Unterschiede bedingt sein. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß vor einigen Jahrzehnten in Nordhausen ein Steinkistengrab gefunden worden ist, das einen Mann, eine erschlagene Frau und als Beigaben schöne Gefäße, Feuersteinmesser u. durchbohrte Hundezähne gefunden werden.
Diese jüngste Ausgrabung wurde durch Herrn König, die Schule Sundhausen, die Volkspolizei u. die Firma Krieger unterstützt. Dr. Feustel / Timpel